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Märkische Allgemeine Zeitung 12.05.2009

JUBILÄUM: Wanderer mit der Kamera
Der Geher-Olympiasieger und Fotograf Peter Frenkel 
feiert morgen seinen 70. Geburtstag

POTSDAM - Peter Frenkel ist eine Art moderner Theodor Fontane. Wenn er mit seinem Fotoapparat durch das flache Land zwischen Elbe und Oder streift, dann fühlt er sich dem dichtenden Wanderer von einst verbunden und hält es mit Fontanes Leitspruch: „Mit der märkischen Landschaft ist es wie mit den Frauen“, sagt Frenkel. „Jede hat ihre sieben Schönheiten, man muss sie nur zu finden wissen.“ Schon der Literat forderte dazumal auf: „Wer das Auge dafür hat, der wag’ es und reise.“ Frenkel, der morgen seinen 70. Geburtstag feiert, folgt noch immer liebend gern dieser Einladung, setzt sich ans Steuer seines Autos und düst hinaus in die Prignitz, in die Uckermark oder in den Oderbruch. Natürlich hat er die Kamera immer dabei, auf eine Begleitung – „das ist nicht böse gemeint, denn ich bin ein sehr kommunikativer Mensch“ – verzichtet er indes am liebsten. „Als Fotograf musst du allein losziehen, wenn du Gefühle in Bildern ausdrücken willst.“ Zwar hat er den Wandel der historischen Innenstadt in den letzten Jahrzehnten seiner Heimatstadt Potsdam auf unzähligen Bildern – darunter viele mit Preisen dekorierte – festgehalten und in diversen Ausstellungen einem breiten Publikum zugänglich gemacht, aber im Grunde seines Herzens fühlt er sich nach „janz weit draußen“ hingezogen. „Die märkische Landschaft ist mein Lebensthema“, stellt Frenkel fest. Wie ein Jäger legt er sich auf die Lauer. So gelang ihm jenes Foto von einer Schafherde samt Hirten und Hund im Morgendunst bei Großderschau im Westhavelland, welches nun Teil einer Exposition „100 Bilder des Jahres“ in Wolfen ist, wo zu DDR-Zeiten die Orwo-Filme hergestellt wurden.

Frenkel, der im Computerzeitalter längst auf die Chipkarte umgestellt hat, besitzt im Keller seines Hauses in Babelsberg einen riesigen Filmfundus. Irgendwo dazwischen liegen die beiden olympischen Medaillen. Denn als Geher machte er sich zuerst einen Namen. In seinem Heimat-ort Eckartsberga, zwischen Weimar und Naumburg im Thüringischen gelegen, begann er unter Anleitung eines leidenschaftlichen Leichtathletiktrainers, im Hauptberuf Bäckermeister, sein sportliches Talent zu entfalten. Frenkel besuchte zunächst die Kinder- und Jugendsportschule in Nordhausen und wechselte nach dem Abitur zum Armeesportklub (ASK) nach Potsdam. Als Mittelstreckler musste er indes kleinere Brötchen backen, nach einer Achillessehnenverletzung drohte das Aus. Da überredeten ihn die Geher Hans-Joachim Pathus, später sein Trainer und noch heute sein Nachbar, und Gerhard Adolph, besser bekannt als „Adi“ aus der TV-Kindersportsendung „Mach mit, mach’s nach, mach’s besser!“, es doch mal mit der stilistisch anspruchsvollen Disziplin zu versuchen. 1968 wurde Frenkel Olympia-Zehnter im 20-km-Gehen. Vier Jahre später in München stand er ganz oben auf dem Podest.

Der Olympiasieg war das Ergebnis eines harten, wissenschaftlich geplanten Trainings. Frenkel simulierte in einer Unterdruckkammer der DDR-Fluggesellschaft Interflug in Schönefeld Höhenbedingungen. Erst mit dem Nachtzug reiste er nach München und „spazierte“ zur Goldmedaille. Die anschließende Feier in einem Lokal der Isarstadt mit Sportfreunden wie den Ruderkollegen aus dem Vierer ohne nahm kein Ende. Obwohl Frenkel beteuert, als Sportler nie Alkohol getrunken oder eine Zigarette geraucht zu haben, verpasste er die letzte Bahn ins Olympische Dorf und übernachtete mit dem Physiotherapeuten auf einer Parkbank. Am nächsten Morgen musste der „verschollene“ Olympiaheld zum Rapport beim DDR-Sportchef Manfred Ewald. Die Kopfwäsche fiel aber glimpflich aus, weil Frenkel nicht wie zunächst schon vermutet, „getürmt“ war.

Zum Abschluss seiner Karriere, in der er auch alle Bahn-Weltrekorde zwischen zehn und 30 Kilometer verbesserte, holte Frenkel 1976 mit 37 Jahren noch einmal Olympia-Bronze in Montreal. Fast parallel schloss er das Diplom-Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig ab. Wiederum durch einen Geher-Kollegen, den 68er 50-km-Olympiasieger Christoph Höhne, wurde er dazu angeregt, die Fotografie zum Beruf zu machen. Zunächst beim ASK im Potsdamer Luftschiffhafen, später freiberuflich.

Frenkels Fotos zieren Bildbände über Sportgrößen wie Box-Legende Max Schmeling, Fußball-Weltmeister Fritz Walter oder Olympia-Bücher. Zu Hause fühlt er sich seit Jahren bei den Ruderern, wo er für Fachmagazine Nachwuchswettbewerbe ebenso verfolgt wie die Auftritte der Asse vom Schlage einer Kathrin Boron oder wie jüngst auf dem Beetzsee von Marcel Hacker. Im Ruderclub am Wannsee hat er am Sonnabend eine Ausstellung „Faszination Rudern“ mit den „besten Fotografen der Welt“ und Statements berühmter Sportler eröffnet. Doch Frenkels Horizont geht weiter. Preise bekam er ebenso für eine 100-jährige Blütenkönigin aus Werder oder Landschaftsaufnahmen von der Mark bis in die Toskana.

An eine Rückschau auf sein Lebenswerk vergeudet er keinen Gedanken. Frenkel, der selbst Fitness-Kurse in Recabic gibt und bei der Potsdamer Fotografen-Lounge den kritischen Austausch mit den Kollegen genießt, hat noch eine Menge vor, will sich weiter auf Motivsuche begeben. „Fotografie entsteht im Kopf, um das Besondere im Alltäglichen zu sehen“, erzählt er. Wenn eine bestimmte Landschaft nur für einen kurzen Augenblick in das unvergleichliche Licht gerückt wird, dann macht es bei ihm klick. Drückt der einsame Wanderer mit der Kamera in Fontanes Fußstapfen in diesen Momenten auf den Auslöser, durchströmen ihn Glücksgefühle wie einst auf dem Podium. (Von Peter Stein)